In unseren Best Practice Insights stellen wir erfolgreiche Projekte von Unternehmen im Bereich Diversity, Equity & Inclusion (DEI) vor.
Sarah Lauer, Lead der Neurodiversity Community bei der Deutschen Telekom, berichtet darüber, wie die Employee Resource Group (ERG) den Recruiting-Prozess aus der Perspektive neurodivergenter Talente testete – und wertvolle Erkenntnisse für eine inklusivere Gestaltung gewann.

Lead der Neurodiversity Community (Deutsche Telekom)
Kurzportrait der ERG Neurodiversity bei der Deutschen Telekom
Die Employee Ressource Group Neurodiversity ist ein internes Netzwerk engagierter Mitarbeitender, das sich für die Sichtbarkeit und Unterstützung neurodivergenter Talente innerhalb der Deutschen Telekom einsetzt. Ihr Ziel ist es, Barrieren abzubauen und eine Unternehmenskultur zu fördern, die individuelle Stärken erkennt und nutzt.

Anzahl: >600 nationale und internationale Mitglieder
Sponsor: Birgit Bohle, Personalvorstand der Deutschen Telekom
Gründung: 2023
Was war die Ausgangssituation?
Neurodiversität ist ein relativ neues Thema – so auch bei der Deutschen Telekom. Um aufzuklären, was es mit Neurodiversität auf sich hat, um Neurodivergenten einen sicheren Raum zu schaffen und um erste Anstöße zur Verbesserungen im Betrieb zu geben, hat sich die Neurodiversity Community bei der Deutschen Telekom gegründet. Sie sieht sich als unterstützende Kraft u.a. für Human Resources an und übernahm daher die Aufgabe, eine umfassende Überprüfung des gesamten Recruiting-Prozesses aus neurodivergenter Perspektive durchzuführen. Ziel war, nach Effizienz und Fairness zu testen.
Was wurde gemacht?
Um herauszufinden, welche Hürden es für neurodivergente Menschen im Recruiting-Prozess gibt, entschied sich die Community für einen innovativen Ansatz: Sie simulierte zusammen mit dem Telekom Recruiting Team den Bewerbungsprozess aus der Perspektive neurodivergenter Kandidat_innen: von der Stellenausschreibung über den Interviewprozess bis zur Vertragsunterzeichnung. Die Simulation wurde folgendermaßen durchgeführt:
- Um in dieser neurodiversen Simulation den Recruiting-Prozess zu analysieren und zu bewerten, wurden fiktive Lebensläufe erstellt und Bewerbungen über 48 Stunden hinweg eingereicht.
- Drei Bewerber_innen wurden für Interviews eingeladen, während die anderen Bewerber_innen eine Ablehnung bekamen und als stille Beobachter_innen für den restlichen Prozess fungierten.
- Zu jedem Schritt wurde Feedback von allen Kandidat_innen eingesammelt und ausgewertet.
Erkenntnisse
- Sprache in Stellenanzeigen kann abschreckend wirken: Begriffe wie „kommunikativ“ und „teamfähig“ schließen oft neurodivergente Menschen aus, da diese Eigenschaften viel Interpretationsspielraum lassen oder nicht immer zu ihren Stärken gehören.
- Interviews sind nicht für alle Bewerber_innen geeignet:
- Konkrete Fragestellung oder skillbasierte Testverfahren können helfen mehr über die fachliche Eignung herauszufinden.
- Fehlender Augenkontakt darf beispielweise nicht als Unsicherheit oder Desinteresse gewertet werden.
- Der Bewerbungsprozess war nicht immer transparent: Unklare Abläufe führten zu Unsicherheiten bei Bewerber_innen.
Konkrete Lösung:
Die ERG gab nach diesem Test ihr Feedback und ihre Lösungsvorschläge für mehr Neuroinklusivität an das Recruiting Team, die nun weiterverfolgt werden.
Ganz konkret wurde jetzt bereits ein Leitfaden für Recruiter_innen und neurodivergente Bewerber_innen entwickelt, um den Prozess verständlicher zu machen. Dieser wurde veröffentlicht, um auch Bewerber_innen jenseits der Telekom zu unterstützen.
Was ist das Resultat?
Die Simulation ermöglichte eine tiefgehende Analyse der Recruiting-Praxis aus neurodivergenter Perspektive. Die Erkenntnisse fließen in zukünftige Optimierungen des Bewerbungsprozesses ein, um mehr Vielfalt im Unternehmen zu fördern.
Eine aktive Prozessprüfung durch Simulation ist ein effektiver Weg, um Recruiting-Prozesse inklusiver zu gestalten. Unternehmen, die Neurodiversität ernst nehmen, sollten nicht nur über Inklusion sprechen, sondern sie erlebbar machen – so wie es die Neurodiversity Community der Deutschen Telekom getan hat.
Leseempfehlung – Das könnte Sie auch interessieren:
Lesen Sie hier das spannende Interview von Dr. Petra Köppel mit Dr. Angelika Schrand (CONTUR) zum Thema „Allyship – Power für Diversity & Inclusion“.
Lesen Sie auch die Dokumentation und Ergebnisse unserer 42. Synergiewerkstatt zum Thema ‚Jedes Gehirn tickt anders – Neurodiversität bringt Unternehmen voran‘: Zu den Ergebnissen.